China – Gansu – Tibetische Hochebene

Mittwoch, den 19. Oktober 2011 um 09:44 Uhr Sabine Beer
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14. September 2011 – 28. September 2011

Lanzhou – Langmusi

Provinz Gansu: 385km

Total China: ca. 614km

In Lanzhou nehmen wir aus praktischen Gründen das Hotel direkt neben dem Bahnhof. Unsere Fahrräder sind nämlich noch nicht angekommen und wir müssen in drei Stunden nochmal vorbei gehen. Für die Nacht im Dreistern Hotel bezahlen wir 100 Yuan, was mir als extrem viel vorkommt. Umgerechnet sind es jedoch nur Fr. 14.- .

 

Unsere Velos kommen heil an, nur das Rücklicht von Chris fehlt. Es ist schön sie wieder zu haben. Am nächsten Tag wird ausgepackt, gewaschen und wieder eingepackt... Auch nähe ich eine Hülle für mein neues Souvenir, welches ich in Kashgar gekauft habe. Eine kleine "Gitarre", hat mich 120 Yuan gekostet was nur Fr. 16.- ist, unglaublich! Für meine neue Fahrradpumpe nähe ich eine Halterung an die Lenkertasche. So ist sie immer Griffbereit, kann aber nicht so leicht gestohlen werden, da die Lenkertasche selten alleine am Velo bleibt.

Bald finden wir den Nachtmarkt, es gibt viel Tofu, Pilze und Gemüse. Seit Kashgar schlage ich mir den Magen mit Tofu voll! Muss wohl in der Schweiz eine Tofu Fabrik eröffnen, es gibt so viele Variationen, die es bei uns nicht gibt.

Am Freitag wollen wir dann starten. Nachdem wir am Nachtmarkt bei unserer lieblings-Frau gefrühstückt haben, beginnt es zu Regnen. Schlussendlich so stark, dass wir unseren Plan ändern und noch einen Tag bleiben. Am Samstag Morgen fahren wir mit den bepackten Velos zum Frühstückstand, die Frau schenkt uns das Mittagessen, das wir auch noch bei ihr einkaufen. Problemlos finden wir aus der 3 Millionen Stadt heraus. Chris fragt ob wir Expresway oder Nebenstrasse fahren wollen. Für mich ist klar, Nebenstrassen. Nach einer Weile ist dies jedoch nicht mehr klar. Die Strassen sind zum Teil ohne Asphalt und noch nass vom Regen,= Matsch, was nicht sehr angenehm ist. Auch das frisch geputzte Velo mit dem nagelneuen Rad hat kein Gefallen daran. Nach dem Mittagsstopp beginnt auch der Regen wieder. Nach dem Pass machen wir eine Teepause und fragen nach einem Hotel, wir finden zwei Bette und bleiben. Hotel kann man dies jedoch nicht nennen. Vielleicht Schlafstelle mit "Scheissloch"... aber es ist trocken.


Am nächsten Morgen regnet es immer noch. So starten wir erst um 11.00 Uhr und entscheiden uns für den Expressway. Die Frau an der Zahlstelle will uns zurückhalten, wir sind aber schneller. Hat nur wenig Verkehr und einen guten Seitenstreifen. Kommen zehn mal schneller voran als im Matsch. So erreichen wir am Abend nach 100km Linxia. Die Strasse führt durch das Tal der Moscheen. So nennen wir es auf jeden Fall. Haben noch nie so viele Moscheen so nahe beieinander gesehen. So gibt es also auch hier noch Moslems.

Die Chinesen stellen einem überall heisses Wasser zur Verfügung. So stoppen wir für das Mittagessen bei einer Raststädte und essen Quicknudeln und trinken Tee. Danach wartet bei einer Ausfahrt die Polizei auf uns. Ach nein, bitte jetzt nicht den Expresway verlassen. Es sind junge Polizisten, sie wollen Fotos mit uns. Freundlich weisen sie uns darauf hin, dass wir schön rechts auf dem Seitenstreifen fahren sollen. Ja klar, danke und tschüss. Auf den Strassen sehen wir immer wieder Frauen am Arbeiten. Auch auf Baustellen arbeiten viele Frauen. Lustig ist, dass sie meistens in ziemlich schönen Kleidern arbeiten. Die Männer stehen nicht selten daneben und schauen zu.

Das Hotel in Linxia ist sehr deprimierend. Sehr gross, sehr schmutzig und hat komische Gäste. Auch in der Nacht ist es sehr laut. Gerne verlassen wir den Schuppen am nächsten Morgen. Ob wir es Heute wohl bis Xiahe schaffen. Xiahe ist ein Dorf mit Tibetern und einem buddhistischen Kloster. Ich freue mich sehr darauf. Beim Start ist es ist feucht und kalt. Nach 50km kann Chris nicht mehr fahren, er hat Probleme mit seinem Knie. Es beginnt zu regnen. Nach einer Pause versucht er es noch einmal. Geht nicht. Wir entscheiden uns per Anhalter nach Xiahe zu fahren. Der erste Wagen der anhält, ist der Bus. Nach Preisverhandlungen steigen wir ein, die Räder sind auf dem Dach. Insgeheim bin ich froh, habe mich am ersten Regentag erkältet und meine Nase läuft und Kopf ist extrem schwer. Im Überseehotel bezahlen wir 20 Yuan pro Bett (Fr. 3.-), sind alleine in einem vier Bett Zimmer. Nachdem all unsere Taschen und nassen Kleider im Zimmer sind, rechnen wir damit, dass niemand mehr mit uns das Zimmer teilen will...

Xiahe ist ein lang gezogenes Dorf. Im oberen Teil hat es viele Souvenir und Tibet-Läden. Dann kommt das Labrang Kloster, welches ca. 1200 Mönche des Gelupa-Ordens (Gelbmützen-Sekte des Tibetischen Buddhismus) beherbergt. Neben Tempeln hat das Kloster sechs Klosterschulen. Am ersten Tag laufen wir die Kora (Pilgerweg), welche rund um das Kloster führt. Viele Gebetsmühlen zieren den Weg, welche von den Pilgern immer im Uhrzeigersinn gedreht werden. Einige der Tempel können wir Gratis besichtigen. Die anderen sehen wir am nächsten Tag während einer Führung mit einem Mönch. Wir verstehen kein Wort, nicht einmal Chris der Englisch als Muttersprache spricht. Aber der Mönch ist sehr lustig, immer wieder krümmt er sich vor lachen und wir lachen mit. So ist diese Führung sehr unterhaltsam.


 

Da das Knie von Chris nach einer Testfahrt nicht besser ist, bleiben wir drei Tage in Xiahe. Das heisst wir haben auch noch Zeit die grosse Kora zu laufen, diese führt auf den Berg zu einer Ruine und zu vielen Gebetsfahnen. Die Tibeter werfen auf dem Berg kleine Zettel mit dem Windpferd darauf in die Luft, damit schicken sie Gebete in den Himmel. Es sieht aus wie Schnee, all die weissen Zettel am Boden.

Am Abend unterhalten wir uns mit unseren Zimmernachbarn. Darunter befindet sich auch Adrian aus dem Untervallis. Er ist Biologe und sozusagen beruflich hier. Studiert die Adaption von Enzian an die Klimaveränderungen. Er ärgert sich darüber, das die Mönche mit Mobiltelefonen herumlaufen, zum Teil sogar mit I-Phones. Die Mönche leben von Spenden der Gläubigen. Wenn man so urteilen will, könnte man die Frage auch ausweiten, dürfen die Mönche Turnschuhe tragen, Fernsehe schauen, Elektrizität benutzen? Ich denke sie haben ein Recht oder sogar die Pflicht, sich den Änderungen der Welt anzupassen um nicht stehen zu bleiben.

Die TibeterInnen sehen meist kräftig und vom Wetter geprägt aus. Sie tragen lange Mäntel, mit Schaffellen gefüttert und mit viel zu langen Ärmeln, damit die Hände warm bleiben. Dies sieht vor allem auf dem Motorrad lustig aus, da Ärmel über den Lenker hinaus hängen. Meist haben die Männer auf dem Motorrad ihr Gesicht zum Schutz vor dem Wetter mit einem Tuch umwickelt. Spähter treffen wir an einem Regen-grauen Tag einen Tibeter auf seinem schwarzen Pferd. Sein Mantel ist schwarz, sein Gesicht eingehüllt und die Kapuze oben. Ich habe das Gefühl einem Nazgul aus "Herr der Ringe" zu begegnen.

Damit wir nicht die selbe Strasse zurück müssen, auf welcher wir angereist sind, nehmen wir eine Holperstrasse. Der erste Tag nach Xiahe ist einer der Schönsten zwischen Lanzhou und Chengdu. Wunderschöne Landschaft, Sonne, tausende von Yaks, Hirten und Zelte. Gegen Abend kommt wieder Regen auf. Wir gehen auf einem Trampelpfad in ein Seitental und stellen unsere Zelte auf. Kurz bevor das Essen gekocht ist kommt ein Tibeter auf dem Motorrad. Wir dachten, dass hier niemand vorbei kommt, nicht in diesem Regen. Seine Mimik ist sehr hart, in Zeichensprache versucht er uns etwas zu erklären. Kühe und Pferde kommen. Leute kommen. Rauben uns aus. Er will Geld, um die Leute zu stoppen. So unsere Interpretation. Er will 50 Yuan. Damit können wir ja in ein Hotel! Natürlich ist es uns nicht danach alles zusammen zu packen. Nach einer halben Stunde Verhandlung bezahlen wir ihm 20 Yuan. Seine Mimik verändert sich jedoch nicht und er fährt davon. Was nun? Bleiben oder nicht. Es ist bereits dunkel, kalt und nass. Wir bleiben. Chris schläft in seinen Regenkleider, Schuhen und mit der Stirnlampe. Ich schlafe verhältnismässig ruhig. Am nächsten Morgen um sieben verlassen wir den Platz und kehren zurück auf die Strasse. Wir sind erleichtert. In starken Regen fahren wir auf dieser Schotter-Matschstrasse ins 20km entfernte Dorf. Unterwegs fahren wir durch Yackherden, welche noch um die Zelte stehen und gemolken werden. Die Hunde, welche die Yacks vor den Wölfen schützen sind meist an der Leine. Die Tibeter haben auch viele Pferde. Die Morgen-Stimmung ist sehr speziell.

Leider hat im Dorf noch kein Restaurant offen. Wir können uns aber in einem Laden mit Tee etwas aufwärmen. Die Schuhe und Handschuhe von Chriss sind durch und durch nass. Er friert. Neben dem Laden gibt es eine Bäckerei. Die Tibeter haben köstliches Brot, wie selbst gebackenes von Zuhause.


 

Nach weiteren 20km kommen wir in Luqu an. Finden ein nettes und günstiges Hotel. Warm, Dusche, Ruhe, Schlaff. Tut gut. Das Dorf erweist sich als hübsch. Ein Abendsparziergang macht die Welt wieder etwas sympathischer.

Am nächsten Tag wollen wir Langmusi erreichen. Ein weiteres Dorf mit Tibetern und gleich zwei Kloster. Das Dorf liegt an der Grenze der Provinzen Gansu und Sichuan. So gibt es ein Kloster in Gansu und eines in Sichuan. Der Tag zieht sich in die Länge, immer wieder erklimmen wir Pässe um die 3500 m.ü.M. Die Hochebene ist wunderschön und grün. Es hat tausende von Yaks hier oben. Wenn die kleinen Yaks umher rennen halten sie ihren buschigen Schwanz in die Höhe, dies sieht dann aus wie ein rennendes Eichhörnchen. Sehr amüsant. Auf einem Feld neben einem Dorf stehen viele Frauen. Zuerst denke ich sie Tanzen. Nein sie spinnen. Mit einem alten Velorad werden die Fäden gedreht und ca. 5 Frauen ziehen die Fäden in die Länge.

In Langmusi finden wir ein Gasthaus, das im tibetischen Stil gebaut ist. Alles aus Holz und viele Schnitzereien. Ist sehr gemütlich, vor allem die Wärmedecke im Bett macht die kalten Nächte sehr angenehm.

Um die Klosteranlage zu besichtigen müssen wir 30 Y bezahlen, sind aber etwas enttäuscht, alle Tempel sind geschlossen. Das "Klosterdorf" erinnert mich an ein Schweizer Bergdorf. Die Häuser haben Schindeldächer, welche mit Steinen befestigt sind.

Wieder einmal erfahren wir, das bei den Chinesen nicht immer in der Packung ist, was auf der Packung steht. Kaufen ein Eis, welches auf der Packung mit Schokolade und Nüssen überzogen ist und innen einen Schokoladen Kern hat. Nein es ist ein Erdbeer-Wasser-Eis, ungeniessbar. Wir lachen uns halb kaputt. Besuchen noch eine Bar mit chinesischen Photographie Studenten, diese scheinen aus einer grösseren Stadt zu kommen. Sie starren uns nicht an und lassen uns einfach in Ruhe. Sehr angenehme Stimmung.

Am nächsten Morgen sollte es eigentlich weiter gehen, bin etwas Rastlos. Der Wecker geht um 7.00 Uhr, es regnet. 8.00 Uhr, es regnet. Gehen Frühstücken, es regnet und ist kalt. Wir entscheiden uns zu bleiben. Nach dem Regen machen wir eine kleine Wanderung dem Flüsschen hinter dem Kloster entlang. Es hat ein paar Grotten und viele Gebetsfahnen. Das Tal wird immer weiter und schöner, leider müssen wir umkehren, da es bald eindunkelt.

Zum Dessert nach dem Nachtessen versuchen wir das Yakjogurth, es ist sehr cremig und wird mit etwas Zucker serviert. Ein Hit! Schade, dass ich dies nicht früher entdeckt habe. Als der Mann am Tisch neben uns sein Nachtessen erhält, sind wir froh, dass wir bereits gegessen haben. Es verschlägt uns den Appetit. Ein Schafmagen gefüllt mit heissen Steinen, Wasser und Schaffleisch. Der Dampf sinkt grauenhaft nach einem alten Schaffurz. Der Magen wird aufgeschlitzt und der Mann verschlingt genüsslich das Fleisch. Dazu isst er Tomaten mit Zucker und trinkt eine Flasche Schnaps. Dankend lehnen wir sein Angebot ab, etwas zu kosten.

Nun will ich aber wirklich weiter. Es schneit am nächsten Morgen. Wir bleiben etwas länger beim Frühstück sitzen. Die Frau vom Restaurant hat Mitleid mit uns. Unsere bepackten Fahrräder stehen vor der Türe. Um uns zu motivieren entschliessen wir heute bis nach Zoige zu fahren und am nächsten Tag den Bus nach Songpang zu nehmen. Dieses Dorf ist bereits etwas tiefer und sollte nicht mehr so kalt sein.

Fazit China – Gansu:

Das Hochplateau mit Tibetern ist Landschaftlich und kulturell sehr schön. Die Tibeter können ganz freundlich aber auch hart sein. Allgemein sind uns aber sehr freundliche Menschen begegnet unabhängig der Bevölkerungsgruppe. Der Mix der verschiedenen Religionen und Minderheiten machen das Reisen hier sehr interessant.