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Transsib

Zug Nr. 3 - Wagen Nr. 11 - Bett Nr. 14

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Willkommen in der Transsibirischen Eisenbahn

23. November 2011 – 03. Dezember 2011

Beijing – Burgdorf

Beijing – Moskau: 7622km

Moskau – Burgdorf: ca. 2700km

Habe ich im letzten Bericht erwähnt, dass Jeremie in Pakistan den Oberschenkel gebrochen hat und nun Zuhause in Kanda ist? Mehr auf www.blaisingsaddles.com (oder deutsche Version)

Ich freue mich, bin aufgeregt, meine Rückreise geht los (mein Magen spielt verrückt (-;). Am Tag vor der Abfahrt musste ich noch ausfindig machen, ab welchem der vielech Bahnhöfe in Beijing mein Zug startet. Dies ist für Ray und Florence auf meinem Zugticket nicht ersichtlich. Und ich will mich nicht alleine auf die Aussage im LonleyPlanet stützen. Wäre eine Tragödie am falschen Bahnhof zu stehen! Der Zug fährt wie vermutet vom Bahnhof Peking (Běijīng Zhàn ). So kann ich am Morgen in aller Früh, beruhigt ins Taxi steigen und dem Fahrer den Zettel mit den Schriftzeichen hin strecken. Es hat noch kein Stau und wir kommen rasch an den Bahnhof. Die Fahrt kostet nur 20 Y (Fr. 3.-), hinterfrage mich kurz, weshalb ich bei der Ankunft in Beijing kein Taxi genommen habe. Die Metro ist sehr voll gestopft und hat nicht überall Rolltreppen, dass ist mit meinem Gepäck absolut kein Vergnügen.

Unter vielen Chinesen und Mongolen sehe ich noch vier weitere Touristen. Diese lerne ich später im Speisewagen kenne. Ich bin alleine in einem vierer Abteil und breite mich aus. Ein Schaffner klopft an die Türe und streckt mir zwei Essens-Gutscheine entgegen. Dass finde ich aber ganz toll. Die Essenszeit ist von 11.00 – 11.30 (für die erste Klasse ist es um 12.00) So kommt es also, dass ich im Speisewagen Chris und Emmy sowie die zwei Australischen Touristinnen antreffe. Sie fahren bis Ulan Bator, machen dort ihren ersten Stopp. Beide Paare haben für Russland ein Touristenvisa, welches man mit wenigen Ausnahmen nur im Heimatland beantragen kann. Wir verabreden uns für das Nachtessen wieder. Nach dem Nachtessen habe ich Besuch in meinem Abteil. Zwei Frauen und ein Mann aus der Mongolei. Auch sie wollen nach Ulanbator. Zuerst bin ich erfreut, dass sie englisch sprechen, später erfahre ich, dass die Frauen sogar Deutsch sprechen. Eine hat drei Jahre in Berlin studiert und die andere 18 Monate in Zürich gelebt. So kann ich also mit diesen freundlichen Mongolinnen deutsch sprechen, hätte ich nicht erwartet. Wenn sie mongolisch sprechen hört es sich an, wie sie eine Zahnspange im Mund hätten.

Bereits am ersten Abend überqueren wir die Grenze zur Mongolei. Wir kommen erst so gegen neun zur ersten Grenzkontrolle. Die zweite ist etwas später. Dann werden das Fahrgestell und der Speisewagen ausgewechselt. Es ruckt und rüttelt wie verrückt. An Schlaffen ist nicht zu denken. Um 02.00 Uhr fährt der Zug endlich weiter und schaukelt mich in den Schlaf. So erwache ich erst um neun und treffe am Mittag die anderen noch einmal im Speisewagen. Wir amüsieren uns über die Tipps in den Transsib Reiseführern. Auf dem Weg zum Speisewagen muss man viele Türen öffnen und schliessen, wodurch man schwarze Hände kriegt. Es wird empfohlen eine Plastiktüte über die Hand zu stülpen oder einen feuchten Waschlappen mit zu nehmen. Oder man soll einen verlängerten Fensterputzer mit im Gepäck führen. Damit man vom Peron die hoch liegenden Fenster reinigen kann, für bessere Fotos. Auch die Anleitung zum Duschen im WC ist lustig....

 

In Ulan Bator steige ich aus um mich zu verabschieden. Nun habe ich mein Abteil wieder für mich alleine, was sehr angenehm ist. Ehrlich gesagt teile ich den ganzen Wagen nur mit den chinesischen Schaffner. Es ist halt Nebensaison. Die Heizung und der Wasserboiler werden mit Kohle betrieben. An manchen Bahnhöfen gibt es deshalb Kohle Nachschub. Dies ist auch der Grund, weshalb die Hände von den Türgriffen schwarz werden. Was sehr unangenehm ist, die Schaffner rauchen in meinem Wagen. Zu viert sitzen sie in einem Abteil und spielen Karte. Natürlich ist im Zug Rauchverbot. Deshalb bitte ich sie zum rauchen raus zu gehen. Es wird dadurch etwas besser. Manchmal schliesse ich auch einfach ihre Türe.... Die sind sicher nicht begeistert, dass ich bis Moskau im Zug bleibe (-:

In der Mongolei liegt bereits Schnee. Es ist Eisig kalt. Die Luft aber unglaublich frisch und klar. Ulan Bator liegt auf 1500müM. Die Landschaft sehr abwechslungsreich und macht Lust auf mehr Mongolei. Ziehe aber ein Besuch im Sommer vor!

Am zweiten Abend geht es über die Russische Grenze. Dieses mal wird nur der Speisewagen ausgewechselt. Die Zollbehörden nehmen es aber mit der Kontrolle etwas genauer. Sie wollen alle Gepäckstücke sehen, zum Glück aber nicht auspacken. Das ganze dauert wieder bis um 02.00 Uhr. So verschiebt sich mein Tagesrhythmus bereits. Werde ja in den nächsten Tagen bis Moskau 5 Stunden dazu gewinnen. Wie man sich Zuhause oft wünscht, haben meine Tage nun 25 Stunden....

Ich lese, höre Musik und Hörbücher, schreibe, schaue Filme, esse und schlaffe. Ist ziemlich entspannend. Wenn der Zug anhält, ziehe ich mich warm an und gehe kurz raus. Dies ist jedoch nicht immer möglich. So geniesse ich jeweils die 10 Minuten frische Luft, denn sie ist auch in Sibirien frisch. -9 °C sehe ich an einem Thermometer. Vermute dies ist wärmer als in der Mongolei. Die Landschaft ist weiss, die Birkenbäume haben Frost, die Häuser sind aus Holz mit farbigen Anstrichen. Manchmal sieht es aus wie in einer Modelleisenbahn-Landschaft. Die Tage sind kurz, die Nächte lang, die Sonne geht um 9.00 Uhr auf und um 16.00 unter.

Am dritten Tag fahren wir dem Baikalsee entlang. Etwas Wunderbares! Der See ist 31'500km2 gross und enthält 20% des gesamten Süsswasserbestandes der Erde. Die Länge des Sees ist 636 km, er hätte also in der Schweiz nicht Platz. Diesen Ort muss ich unbedingt einmal im Sommer besuchen.

In Moskau suche ich als erstes eine Wechselstube. Damit ich anschliessend die Metro bezahlen kann. In einem zweckmässigen Hostel verbringe ich die drei Nächte. Die Stadt beeindruckt mich. Es hat viele majestätische Häuser und rund um den roten Platz komme ich aus dem Staunen nicht mehr raus. Am ersten Tag schneit es und ich muss mich immer wieder in Kaufhäuser oder Restaurants aufwärmen. Am zweiten Tag gehe ich in den Kreml und besichtige dort auch die Rüstkammer. So sehe ich zum Beispiel den Thron von Ivan dem Schrecklichen. Dieser lies die Wunderschöne Basilius Kathedrale am roten Platz bauen. Da er das Bauwerk so wunderschön fand, lies er dem Architekten die Augen ausstechen, damit er kein zweites so wunderschönes Bauwerk erschaffen konnte. Ein dankbarer Kerl....

 

Am Donnerstag Morgen fährt mein Zug Richtung Berlin. Weitere 24h Zugfahrt. Ich habe ein 4er Abteil für mich alleine. Es wird geheizt wie blöde. Ich frage die Zugführerin ob man die Heizung etwas zurückstellen kann. Ein "freundliches" Niet sagt alles. So schliesse ich meine Tür und sitze praktisch im Bikini im Abteil. Vielleicht ist dies die Russische Variante von Sauna.

Zu meiner Überraschung findet zwischen Russland und Weissrussland keine Grenzkontrolle statt. Erst an der Grenze zu Polen wird der Pass mehrmals kontrolliert. Auch das Fahrgestell wird wieder ausgewechselt So rüttelt und rumpelt es noch einmal bis um 02.00 Uhr in der Nacht.

In Berlin muss ich wieder zuerst Geld wechseln, dies hat in Russland nicht geklappt. Dann kommt mein Gepäck in zwei Schliessfächer und ich mache mich auf die Socken in Richtung Mauer. Schon wieder eine Mauer besichtigen. Das Mauer Denkmal ist sehr gut inszeniert und die Geschichten rund um die Mauer interessant. An den verschiedenen Weihnachtsmärkte kann ich mich etwas auf Weihnachten einstimmen. Bis jetzt habe ich das Weihnachts-tralli-tralla nicht vermisst. Auf dem Alexanderplatz macht eine Band Werbung für ihr Konzert und ich denke beim lauschen der Musik an Alex, welcher aus Berlin kam. Bettina, seine Freundin ist bereits wieder auf dem Velo, in Laos.

Der Zug Richtung Basel fährt um 22.14. Ich habe ein Bett, kann aber trotzdem nicht viel schlafen. Bin doch etwas nervös wieder Zuhause anzukommen. Am Morgen heisst es nur noch zwei Mal umsteigen, bis ich meine Familie in Burgdorf wieder treffe.

Nun muss ich mich noch drei Wochen gedulden, bis mein Velo mit Mching und Günti in die Schweiz fliegt. Freue mich auf das Wiedersehen.

Vielen Dank für das Lesen meiner Berichte, hoffe wir sehen uns spätestens an einer meiner Präsentationen in der Schweiz.

Fazit Transsib:

Schöne Winterlandschaften, die glustig auf mehr machen. Möchte unbedingt mehr Zeit am Baikalsee und in der Mongolei verbringen. Moskau finde ich sehr sehenswert und Berlin auch. Der Aufenthalt in Chinas grossen Städten und die langsame Rückreise mit dem Zug haben sicher zur Vermeidung eines Kulturschocks bei der Rückkehr beigetragen.

 



Gefahrene Kilometer

10131km

nachgeführt am: 24.10.2011

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