30 Jahre in der Türkei

Sonntag, den 15. Mai 2011 um 21:41 Uhr Sabine Beer
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28. April – 15. Mai 2011

Edirne – Göreme (Kappadokien)

ca. 1085 km

Geplant war pro Land ein Reisebericht. So weit ich dies mitbekomme, habe ich ein paar interessierte Leser/innen Zuhause und für mich ist es einfacher, wenn ich nicht zu lange warte mit schreiben. Deshalb werde ich meinen Plan spontan ändern....

Die Grenze zur Türkei ist gross, muss ungefähr fünf mal den Pass zeigen. Mein Pfefferspray habe ich im Schlafsack eingepackt. Wie ich jedoch später erfahre ist dieser auch in der Türkei erlaubt, ausser der Polizist hat selber interessen daran.

Hosgeldiniz - Wilkommen


 

Wieder wechselt die Mentalität schlagartig und ich wünsche mir, wie schon in anderen Ländern selber eine Hupe zu besitzen, dann würde ich viel mehr dazugehören. Manchmal habe ich Angst um mein Gehör, vor allem wenn Lastwagen direkt neben mir hupen.

Die Stadt Edirne ist eine tolle Begrüssung der Türkei. Die Stadt ist nicht zu gross, war aber einmal Hauptstadt vom osmanischen Reich. Sie hat wunderschöne Moscheen und eine grosse Fussgängerzone mit Läden und Cafes.

Weiter geht es Richtung Istanbul. Zwei Tage fahre ich nur durch Industriegebiete und Vororte von Istanbul. Nichts Schönes. Ein Nebel verdeckt die Sicht. Bald schon werde ich zum Cay (Tee) eingeladen. Da ich sowiso noch Benzin für meinen Kocher brauche nehme ich das Angebot an und lasse mir den Cay und das Benzin von einem Lieferwagenfahrer spendieren. Dieser will mich aber danach unbedingt mitnehmen, damit ich schneller vorwährts komme. Er ist beleidigt weil ich das Angebot mehrmals ablehne, er hält am Strassenrand und winkt mir wieder zu. Ich ignoriere. Ich ziehe mein Buff (Halstuch und Mundschutz bei vielen Abgasen) über die Nase und fahre so bis am Abend in die nächste Stadt und suche mir ein Hotel, sehe keine Möglichkeit mein Zelt unbeobachtet aufzustellen.

Einen Tag früher als geplant, treffe ich in Istanbul ein. Die Einfahrt habe ich mir viel schlimmer vorgestellt, der Verkehr war ziemlich ruhig (Samstag Nachmittag). Habe zuerst nicht einmal bemerkt, dass ich bereits in Istanbul bin. In Istanbul angekommen war ich ganz schön Stolz auf mich, dies aus eigener Kraft erreicht zu haben, alles weitere ist Supplement!

In Istanbul eingerollt

Habe versucht mit jemandem von Warmshowers (Internetplattform: Velofahrer bieten anderen Velofahrern ein Bett an) Kontakt aufzunehmen. Es hat aber trotz mehreren Versuchen nicht geklappt. So habe ich mich in einer vollen Jugi auf der Dachterasse eingerichtet, mit Blick auf die Blaue Moschee und den Bosporus. Das schlechte daran waren die Katzen, eine hat auf meinem Rucksack ihr Geschäft verrichtet. Diese Erinnerung werde ich noch lange mit mir herum tragen... Habe einen kleinen Teil der Stadt besichtigt. Bin zum Essen eingeladen worden und habe in einem Geschäft neben dem Hostel nette Türken kennen gelernt, habe zwischendurch vorbei geschaut und sie haben mir gute Tipps gegeben. Am Montag bin ich mit der Fähre in den asiatischen Teil von Istanbul gefahren und habe Mr. Haluk Kulal vom YÜCEL Kültür Vakfi (Kultur Stiftung) besucht. Sie haben nicht viel mit dem YMCA Balkan zu tun und werden auch nicht von Horyzon unterstützt. Sie arbeiten vor allem mit dem YMCA USA zusammen. Sie fördern den sozialen und kulturellen Austausch zwischen Jugendlichen der ganzen Welt. Dies z.B. durch Studenten Austauschprogramme. Einmal pro Monat organisieren sie einen kulturellen Ausflug für Jugendliche. Auch besitzen Sie in Istanbul ein paar Einrichtungen. Ein Haus befindet sich in der Altstadt, dieses haben sie vom YMCA USA geerbt. Sie nennen sich nicht YMCA, da die Türkei ein islamisches Land ist. (Aber nicht nur, in Istanbul leben verschiedene Religionen miteinander, Mr. Haluk z.B. ist orthodox). Im Haus im Sultanahmet Quartier gibt es ein Tourismusbüro, ein Teppichgeschäfft und ein Restaurant. Mr. Suleymann verwaltet dieses Gebäude und die Geschäffte. Von ihm werde ich am Abend zum Essen und zu einer Derwish Tanzshow in seinem Restaurant eingeladen. Es ist übrigens kein Problem in der Türkei kein Fleisch zu essen. Auch wurde mir bis jetzt noch nie ein Kaffee angeboten, dafür ganz oft Cay.

Bei Haluk vom YÜCEL

Das Treffen mit Mr. Haluk war lustig. Er hat mir Tipps für die Weiterreise und für Istanbul gegeben und ich Ihm für seine Donau-Radreise... Er hat mir angeboten am Donnerstag ein streng muslimisches Quartier und das Miniatürk (wie Swissminiatur) zu zeigen. Deshalb bin ich so lange in der Stadt geblieben. Das Besichtigen der Stadt ist mir bald einmal verleidet. Es gibt viel zu viel zu sehen. Ich habe nach ein paar Tagen das Hostel gewechselt und habe dort weitere Tourenfahrer getroffen. Albert aus den Niederlanden und zwei Jungs (wirklich jung) aus Schweden. Emil war nach einem Unfall im Rollstuhl, er hat sich gesagt, falls er wieder laufen kann, kann er auch mit dem Fahrrad nach China fahren. Auch Oskar hat eine Geschichte, welche ich leider nicht weiss. Die beiden sind von einer Organisation unterstützt, ähnlich einem Stipendium. (mehr unter thebigtrip) Alle haben wir das gleiche Ziel, China. Unsere Zeitpläne sehen jedoch sehr unterschiedlich aus. So kommt leider eine gemeinsame Weiterfahrt nicht in Frage. Alle drei warten in Istanbul ungeduldig auf ihr Iranvisum. Wir geniessen die Zeit miteinander. Verbringen einen halben Tag in einem Fahrradgeschäft, kochen auf vier Benzin-Kochern unsere Menus (Sorry, Albert kocht mit Gas (-;), machen kleinere Reparaturen an unseren Fahrrädern und planen die Weiterreise. So überlege ich mir auch wieder, doch noch den Pamir Highway in Tadschikistan einzubauen. Theoretisch würde mein Zeitplan immer noch aufgehen, ich würde einfach nur drei Tage in Kirgistan verbringen. Ich entscheide mich nach Ankara zu fahren um das Visum zu beantragen, dies soll nur einen Tag dauern.

Vier Radler in einem Hostel

Auf dem Ausflug mit Mr. Haluk fährt er mich auch noch zum Packet Depot. Ich warte auf ein Packet mit Kartenmaterial, Reiseführern und Schokolade. Ms Gulay Sezen, die Sekretärin von Haluk, hat herausgefunden, dass das Packet keinen Namen darauf hat und deshalb nicht bei Ihnen eingetroffen ist. Zuerst wollen sie mir das Packet nicht geben, da ich jedoch weiss, dass mein Name im Packet drin steht, dürfen sie es, nach Absprache mit dem Boss, öffnen und alles wird kontrolliert. Nach einer Stunde darf ich dan mein Packet mitnehmen.

Am Freitag verabschiede ich mich von meinen drei neuen Freunden und mache mich auf den Weg nach Asien. Wieder einen ganzen Tag durch Vororte von Istanbul, hässlich. Ich finde am Abend eine Neubausiedlung und suche mir eines der leeren Häuser zum Übernachten aus. Die Landschaft wird allmählich richtig schön. Mein 30. Geburtstag war nichts besonderes, ich hätte ihn lieber Zuhause mit Freunden gefeiert. Aber das lässt sich ja noch nachholen. Habe mir am Abend ein Hotel gegönnt. Per Zufall war ich in einem Ort mit Thermalquelle. So hatte ich ein Hotelzimmer mit Badewanne und Thermalwasser.

In Ankara bin ich um 14.00 Uhr angekommen. Der Hotelier hat für mich auf die Botschaft angerufen zum fragen ob man die Visumsanträge auch am Nachmittag machen kann (dies ist meist nicht der Fall). Er hat mir bestätigt, dies sei möglich. So habe ich mich ohne Gepäck auf den Weg gemacht. Die Botschaft liegt 15 km vom Hotel entfernt. Ich dachte ich komme nie an, der Weg war sehr steil. Leider war der Botschafter gerade für 10 Tage in Istanbul. Sie haben mir versichert dies am Telefon mit dem Hotelier gesagt zu haben! Dann versuche ich es halt in einem anderen Land mit dem Visum. So kann ich bereits am nächsten Tag wieder weiter Richtung Kappadokien.

Tankstelle mit Otolastik

Tankstellen sind für mich bereits wie kleine Oasen, es gibt dort nicht nur Toiletten, Glasen und wie mir bereits bekannt war Gratis Cay, nein es gibt auch Brot und Oliven, Teigwaren und Kartoffeln...ich werde richtig verwöhnt. So auch in der Nacht wo ich wieder einmal keinen Platz für mein Zelt fand. Durfte mein Zelt im Schutz der Bäume neben einer Tankstelle aufstellen. Natürlich gab es Cay und eine Wolldecke für die Nacht (ich habe sie jedoch als Matratze genutzt, es war keine kalte Nacht), und am Morgen ein tolles Frühstück. Und dies für etwas Schokolade und ein freundliches Lächeln.

Da sich meine Gedanken in den Stunden auf dem Sattel mehr im Kreis drehen als alles andere am Fahrrad, habe ich begonnen Musik und Hörbücher zu hören. Etwas Abwechslung.

Am letzten Morgen vor Göreme ist mir ein russischer Radler begegnet. In schlechtem Englisch hat er mir berichtet, dass ca. 10 km vor mir ein anderer Schweizer radelt. Ziemlich schnell und ohne Mittagspause bin ich dann bis Göreme gefahren. Habe ihn aber nicht eingeholt. Die Landschaft hier ist einfach genial, die Region ist ein Weltkulturerbe. Vulkangestein ragt aus dem Boden wie spitze Pyramiden oder Feenkamine, wie sie hier genannt werden. Diese wurden von Christen als Zufluchtsort ausgehölt und bewohnt. Ganze Kirchen und Klöster haben sie in die Steine gebaut. Auch gibt es ganze unterirdische Städte, so eine Besuche ich und lerne dabei Fatma und Fauzan aus Pakistan kennen, beim gemeinsamen Nachtessen machen sie mir Ihr Land schmackhaft, vor allem schwärmen sie von Ihrem gutem Essen und den frischen Früchten.

Kappadokien

In Göreme gibt es über 100 Unterkünfte, sehr günstig. Teils sogar in den Höhlen. In meinem Hotel hat es ein Ehepaar aus Kalifornien, Sahar ist Iranerin, Humza aus Pakistan. Sahar gibt mir noch ein paar Tipps für den Iran. Und sie schenken mir ihr Klebeband, dass sie auf jede Reise mitnehmen. Damit flicke ich wider einmal eine gebrochene Zeltstange, spröhdes Zeug! Die beiden haben den Schweizer Radfahrer in Göreme gesehen. Er ist an seinem roten Kreuz an der Lenkertasche einfach zu erkennen (natürlich ist es das weisse Schweizerkreuz). Nur ich habe ihn noch nicht gefunden...

Zu Fuss erkunde ich die Umgebung, habe schon beinahe das Laufen verlernt, bin danach völlig K.O.

Morgen (Montag) geht es weiter... immer Richtung Osten.

 

Was es sonst noch zu sagen gibt: