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Ein Land voller Gegensätze

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20. Juni 2011 – 13. Juli 2011

Teheran - Mashhad

Total km in Iran = 1823km

2011-06-26_Iran_2_online

Wir sind am Morgen früh gestartet damit wir in Teheran nicht in den grossen Verkehr kommen. Da es aber bis ins Stadtzentrum eine weiter Weg war, haben wir den Teheran-Verkehr doch noch erlebt. Auf dem Highway hat das Hinterrad von Jeremie auch noch die Luft verloren, zum Glück neben einem Park. So mussten wir über die Leitplanke klettern und dort eine Pause einlegen. Picknick neben dem Highway, im Iran nichts Ungewöhnliches.

Im Hotel treffen wir auf vier andere Biker. Fred aus der Schweiz (Frutigen) reist zusammen mit Thorsten und Maren aus Deutschland (Seidenstrasse). Daniel aus Deutschland wollte nach Afghanistan und Pakistan, hat aber erstaunlicherweise ( lächelnd ) keine Visa erhalten. Nun fährt er wieder zurück Richtung Europa.

Gemeinsam mit der dreier Gruppe, machen wir uns am nächsten Morgen auf den Weg zu den Botschaften. Wir müssen früh auf um kurz nach sieben zu starten. Die drei sind bereits seit einer Woche in Teheran und können uns den Weg zu den Botschaften zeigen. Die Fahrt in der Metro ist bereits ein Erlebnis. Es gibt einen Wagen nur für Frauen, die anderen sind gemischt. Im Frauen Wagen ist es eng und die Frauen versuchen einzusteigen bevor die anderen ausgestiegen sind. Es herrscht eine halbe Massenpanik! Frauen sind draussen, eine Hand mit der Tasche aber noch drinnen. Fährt die Metro dann los, werden die Frauen von den dahinterstehenden beinahe auf das Gleis geschoben. Nachdem ich die Szene eine weile beobachtet habe und drei Metro ohne mich abgefahren sind, habe ich zum gemischten Wagen gewechselt. Dort durften die Leute zuerst aussteigen und mir wurde sogar ein Sitzplatz angeboten.

Die Botschaften haben nur kurze Öffnungszeiten, liegen nicht gerade nebeneinander und haben je nach Wetter andere Anforderungen für die Visa-Anträge. So scheitert man manchmal, weil man eine Kopie nicht dabei hat oder den Antrag nur ein- und nicht doppelseitig ausgedruckt hat oder nicht Bar bezahlen kann, sondern die Quittung der Banküberweisung vorweisen muss...

Nach drei Tagen haben wir alle Anträge gemacht und auf den Botschaften andere Reisende kennen gelernt. So zum Bsp. Steeve aus England und Tim und Tine aus Belgien (Biker). So können wir neben den Botschaftsbesuchen wenigstens mit anderen Leuten eine gemütliche Zeit verbringen. Denn in Teheran selbst gibt es nicht viel zu sehen. Die Stadt ist komisch aufgebaut, unser Hotel liegt in der Auto-Tuning-Strasse und ironischer weise hat es ein paar Zeltläden. Aber einen Lebensmittelladen hat es nicht. In der nächsten Strasse gibt es nur Elektronikartikel, in einer nur Kleider und in der anderen dann Essen. Dies macht das Einkaufen ziemlich mühsam. Die Luft in der Stadt ist sehr schlecht, ein Tag Teheran Luft einatmen ist ca. wie ein halbes Pack Zigaretten rauchen. Die Hitze bleibt in den Strassen stecken.

Am vierten Tag nehmen wir dann den Bus und fahren nach Esfahan. (Das Busticket für die 400km Strecke kostet nur doppelt so viel wie ein Taxi für 10 min in Teheran, 10 $). Die Stadt ist wohl die schönste im ganzen Iran. Viele Bäume und Pärke machen das Klima viel angenehmer. Es gibt viel zu besichtigen und im Hotel treffen wir wieder auf die gleichen Leute. Dies kommt davon, dass alle mit dem Lonly Planet reisen und immer das günstigste Hotel aussuchen...

So besichtigen wir Moscheen, den Basar, die Brücke über dem ausgetrockneten Fluss, das Armenier Viertel mit den Kirchen, und einen Palast. Eine der Moscheen hat eine Klanghalle, der Hall ist unglaublich, ich wage mich ein schweizer Liedlein zu singen. Davon gibt es sogar ein Video. Viel Zeit verbringen wir auch auf dem Imam-Platz. Dieser ist das Herz der Stadt und alle Touristen (die meisten sind Iraner) und Einwohner machen hier am Abend Picknick. Auch kann man hier Safran Eis essen. Ich bin jedoch nicht so begeistert davon wie andere Leute. Mein Magen rebelliert am nächsten Tag etwas, dabei denke ich an Safran...


So gestaltet sich die Busfahrt nach Yazd, ohne WC Pause, für mich etwas unangenehm. Im Hotel Silkroad angekommen muss ich mich erst mal erholen. Das Hotel hat einen sehr schönen Innenhof, inkl. Klima-Anlage. In diesem sitzen bereits andere Radfahrer und Reisende. So auch Stefan und Karin aus der Schweiz (www.kus.li). Auch Tim und Tine treffen später ein, sie sind mit dem Velo von Esfahan nach Yazd gefahren. Die Taxifahrer aus London mit dem Ziel Sydney, kennt Jeremie bereits aus Tabriz. Das lustigste finde ich jedoch als Nino (www.grindimwind.ch) mit dem Velo eintrifft. Er ist der Schweizer, welchen ich in Kapadokien nicht angetroffen habe, obschon ich wusste, dass er da war.

Yazd ist eine sehr alte Stadt am Rande der Kavir Wüste. Die Altstadt besteht vorwiegend aus Lehmhäusern (gemischt mit Kacka, wie uns ein Iraner erklärt). In den engen Gassen mit überdachten Gängen und Kuppeln ist die Hitze beinahe unerträglich. Die Leute wussten sich jedoch schon früher zu helfen, überall sieht man die Windtürme, welche frische Luft in die Häuser bringen. An manchen Holztüren gibt es noch die früher typischen Anklopfer: Einen ringförmigen für Frauen und einem quaderförmigen, der einen tieferen Klang erzeugt, für Männer.

Interessant ist das Wassermuseum. Das Schmelzwasser aus den Bergen wird in unterirdischen Tunneln in die Stadt geleitet. Durch spezielle Architektur der Zisternen kann das Wasser trotz 50°C Aussentemperatur kühl gehalten werden. Sogar Eis kann in der Wüste in speziellen Gebäuden gelagert werden (ohne Elektrizität).

Das Highlight war der Besuch im Kraftsport Training. Nach erstem zögern, der Eintritt kostete fast zwei Franken, haben uns die Trommelschläge hinein gelockt. Der Sport heisst Zurkhaneh und ist eine Art Nationalsport. Schwere Eisenketten oder grosse Holzkegel werden im Takt der Trommel gestemmt. Es ist eine Gruppensportart und die Männer tragen traditionelle Hosen.

Unser Bus zurück nach Teheran fährt um drei. Oder um halb vier. Oder haben wir ihn verpasst? Niemand kann uns so genau Auskunft geben. Wir warten. Es wird schliesslich halb sechs bis der Bus abfährt. Er hält zu oft an und der Fahrer ist ein Rowdy. Um 01.00 hält er auf dem Highway neben dem Busterminal in Teheran an. Wir sind etwas verwirrt, finden aber schnell ein Taxi.

Müssen am nächsten Tag wieder früh raus. Die Botschaften warten. Bevor wir los können fällt unsere Zimmertür ins Schloss, der Schlüssel steckt in der Tür, leider auf der falschen Seite. So muss der Hotel-Mann unser Türschloss abmontieren, damit ich meinen Pass aus dem Zimmer holen kann. Ich werde ganz schön Nervös! Unsere Hoffnung alle drei Visa an einem Tag abzuholen schwindet bald. Wieder hat irgend ein Imam Geburtstag und die erste Botschaft ist geschlossen. Bei der China Botschaft haben wir mehr Glück, müssen jedoch bis am Nachmittag warten. Es folgen zwei Tage Wochenende (Fr und Sa) so müssen wir bis am Sonntag in der Stadt ausharren. Mein Magen ist nicht ganz in Ordnung, habe kein Appetit. Ein Flüchtling aus Afghanistan ist im Hotel, er erzählt uns seine Geschichte. Wird in die Türkei weiterreisen. War eine Interessante Begegnung.

Im Hotel ist auch mein alter Bekannter (oder Altbekannter zwinkernd ) Albert angekommen. Am Sonntag morgen Früh, begleitet er uns mit den Fährrädern, zu den Botschaften. Wir erhalten unser Taijikistan Visa und fahren noch zur Turkmen Botschaft. Danach ruhen wir uns in einem Park aus und verlassen die Stadt gegen Abend, als die Hitze etwas nachlässt. Fühle mich sehr schlapp, habe wieder kein Appetit und gehe ohne Nachtessen ins Zelt. Kaum bin ich im Pyjama im Zelt verschwunden fährt ein Motorrad herbei. Jeremie unterhält sich während dem Kochen mit den zwei Jungs und diese wollen einfach nicht abfahren. Jeremie entscheidet sich draussen zu bleiben bis sie weg sind. Wir haben beide kein gutes Gefühl. So schlafe ich im Zelt nicht und Jeremie vor dem Zelt. Er unterhält sich die ganze Nacht mit Ihnen.... Als er dann Frühstück vorbereitet, ist plötzlich seine Kamera, sein GPS und sein Messer verschwunden. Nach zwei Stunden Diskussion erhalten wir alles zurück. Sie haben die Sachen nicht auf sich getragen sondern im Gebüsch versteckt. Am Schluss sind sie jedoch triumphierend mit Jeremis Stirnlampe davon gefahren. Es war wohl nicht von Anfang an ihre Absicht uns zu bestehlen, sie hatten auf jeden Fall keine Waffen dabei. Es war bereits nach sechs Uhr als wir losfahren konnten. Im nächsten Dorf haben wir den Leuten Fotos dieser Jungs gezeigt. Sie kannten einen, kannten sogar seine Adresse und sind mit uns zum Polizeiposten gekommen. Wir haben uns einzig davon erhofft, dass es den nächsten Touristen nicht gleich ergeht.... Und das Beste ist wohl, dass das halbe Dorf die Fotos gesehen und die Geschichte gehört hat.

So fahren wir extrem müde 20km ins nächste Dorf und tanken Wasser bei einer Tankstelle. Als wir nach dem Weg fragen, ruft der Mann einen Freund an, welcher Englisch spricht. Hamed war drei Jahre in Afrika und wir können uns gut mit ihm unterhalten. Er lädt uns zum Zmittag und zu einem Eis in der Bäckerei seines Vaters ein. Wir sagen zu und geniessen die Pause im kühlen Haus und all die Süssigkeiten. Schlussendlich entscheiden wir uns dort zu übernachten. So können wir Duschen, er wäscht unsere Wäsche und wir können schlafen. Am Abend gehen wir mit seiner Frau Shahhoush und seinem Bruder auf  einen Pass zu einem heiligen Grab. Dann gibt es Essen, dann gehen wir zu ihm nach Hause und und und. Schlussendlich ist es wieder nach eins bis wir im Bett sind. So schlaffen wir am nächsten Tag etwas länger und lassen uns von Hamed und seiner Frau auf den Pass rauf fahren. Unterwegs mieten wir ein Hotelzimmer mit heissem Schwefelwasser-Bad. So starten wir erst gegen Abend und fahren noch ein paar km den Berg runter. Nebenbei sehen wir den ganzen Tag den Berg Damavand, der höchste Berg in Iran (5671 m.ü.M.). Auch treffen wir ein pensioniertes Ehepaar aus Österreich. Ich bin imponiert, sie reisen mit dem Landrover nach Kirgistan! Machen den ganzen Visakram und alles mit!


Am nächsten Tag fahren wir die stark befahrene Strasse an die Küste hinunter, wirklich nichts schönes diese Abfahrt. Vor allem ein Tunnel war schrecklich, ich dachte ich werde ersticken. Ich denke für die Lunge war es ca. drei mal schlimmer als ein Tag in Teheran. Wir fahren 155km an diesem Tag, es war aber nicht weiter anstrengend. Am Abend fragen wir beim roten Mond (=rotes Kreuz) ob wir unser Zelt neben ihrem Gebäude aufstellen können. In der Regel ist dies möglich und wir würden uns etwas sicherer fühlen in der Nacht. Schlussendlich landen wir aber in der Wohnung des Abwartspaar. Sie organisieren jemanden der Englisch spricht. Es gibt essen, dusche und wir können Wäsche waschen, diese drei Sachen sind für einen Radler viel Wert. Mein Magen ist nun definitiv umgekippt, mir ist übel. Ich entscheide mich Antibiotikum zu nehmen. Am nächsten Morgen übergebe ich mich. So denke ich es ist besser für mich den Bus nach Mashhad zu nehmen und mich dort etwas zu erholen. Jeremie entscheidet sich nach langem hin und her auch den Bus zu nehmen. Leider hat es aber dann kein Patz für sein Fahrrad. Er ist erleichtert. Nun ist klar, dass er bis nach Mashhad fahren wird, es wäre das erste Mal, dass er eine Strecke nicht fährt. Für mich war es nicht so schlimm, ich dachte von Anfang an, dass ich vielleicht im Iran eine Strecke mit dem Bus machen muss.

So erreiche ich am Freitagmorgen früh in Mashhad Valys Homestai. Dieses ist sehr bekannt unter Radlern, vor allem das gute Essen seiner Frau! Die ersten zwei Tage ist es sehr ruhig und ich schlaffe viel, kann auf der Post ein Packet abholen. Habe nun neue Zeltstangen, den Reiseführer für China, und viel Schokolade (800g). Dann kommen mehr Leute und ich bin auch wieder fiter. An einem Tag habe ich dauerhunger, ein gutes Zeichen. Jeremie erreicht Mashhad am Montagabend nach einem 223km Tag! So können wir am Dienstag unser Turkmen Visa, welches wir in Teheran beantragt haben, abholen!!!! Endlich!

Am Mittwoch besuchen wir zusammen mit Alex und Bettina aus Deutschland (Radler www.fernziele.info) und mit Yannick aus Frankreich (routedelasoie2011.free.fr) den heiligsten Ort im Iran. Das Mausoleum von Imam Reza, der Einzige der zwölf Imame, welcher in Iran begraben wurde. Der Haram (verbotene Ort) oder Heilige Bezirk, wie er genannt wird ist riesig. Jeder Iraner möchte diesen Ort einmal besuchen. Nicht Muslime können jedoch nur einige Teile der Anlage betreten. Manche Touristen schaffen es unbemerkt hinein. Wir leider nicht... Bettina und ich stellten uns evtl. zu dumm an beim Tragen des Tschadors!!! So wurde uns zuerst der Zutritt verweigert und anschliessend hatten wir einen Englischsprechenden Führer. Die Anlage war eindrücklich aber das Tragen vom Tschador, welches ein riesiges, schweres Schwarzes Tuch ist, hat alles in den Schatten gestellt. Ich bin darunter beinahe vergangen (bei annähernd 40°C im Schatten). Auch ist das Tuch ständig runter gerutscht und ich hatte beinahe zu wenig Hände. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man so etwas freiwillig tragen kann.

Morgen früh (geplant ist 04.30 Uhr) fahren wir los Richtung Turkmenische Grenze! Am Freitagmorgen können wir in Turkmenistan einreisen und haben dann 5 Tage Zeit das Land zu durchqueren. Ich freue mich endlich wieder normale Kleider zu tragen und ein neues Land zu entdecken. Habe zu viel Zeit in Teheran und im Iran verbracht, es ist Zeit für neues! Jeremie freut sich vor allem auf Bier, Whisky und Speck!

Was wir am letzten Tag im Iran noch erleben und wie es uns am Grenzübergang ergehen wird steht dann im nächsten Bericht.

Wenn ich wieder zuhause bin, muss ich unbedingt einen "Lonlyplanet Schweiz" kaufen. Manchmal werden uns Schweizern Fragen gestellt, welche wir nicht beantworten können. "Warum hat die Schweizer Fahne ein Kreuz, ist es weil ihr Christen seit und keine Moslems hereinlassen wollt?" Oder "Wer sind die Vorfahren der Schweizer?" Im Reiseführer ist die Flagge vom Iran beschrieben und auch viel über das Osmanische Reich. Deshalb erhoffe ich mir vom Lonlyplanet Schweiz einige Antworten lächelnd

Fazit Iran:

Ein verrücktes Land voller Gegensätze. Ungebildete Schelme - extrem Gastfreundliche Leute. Viele Gesetze – viele Wege die Gesetze zu umgehen. Sanfte und zärtliche Männer – Verrückte Autofahrer. Wüsten – Wunderschöne Berge und Wälder.

Ich werde aber das Land, trotz ein paar negativer Erfahrungen, weiterempfehlen. Die Menschen sind meistens offen, lieben die Schweiz und Kanada und sie sind sehr Gastfreundlich. Kulturell hat das Land sehr viel zu bieten vor allem die Stadt Esfahan war ein Highlight.

 

Gefahrene Kilometer

10131km

nachgeführt am: 24.10.2011

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